Montag, 8. Dezember 2008

Real 2 Real

Real Madrid ist so eine unfassbar beknackte Gurkentruppe, da fehlen einem echt langsam die Worte. Verteidigt wird grundsätzlich nicht und das Angriffsspiel besteht ausschließlich aus chaotischen Einzelaktionen, die aufgrund der individuellen Klasse einiger Spieler zwar immer wieder zu Torchancen führen, aber letztlich keinem erkennbaren Konzept zugrundelegen. Diese unbegreifliche Sorglosigkeit (ein wirklich passendes Wort fällt mir dafür leider nicht ein), welches das gesamte Spiel Reals auf sämtlichen Ebenen kennzeichnet, ist für einen in Deutschland sozialisierten Fußballfan im Grunde unerträglich. Umso unglaublicher wird das ganze erst recht, wenn man bedenkt, dass der aktuelle Trainer ein Deutscher ist und sein Vorgänger Capello ein sog. "Disziplinfanatiker" war - was immer das auch bedeuten mag, aber nun gut. Dazu kommt der Umstand, dass kein Spieler im Kader Reals offenbar über 1,60 m groß ist (außer Metzelder - aber kann man den eigentlich noch mitzählen?) und/oder über die Fähigkeit verfügt hohe Bälle, die quer durch den eigenen Strafraum fliegen, sicher und humorlos zu entschärfen.

Ich stelle folgende, absolut ernstgemeinte Behauptung auf: Spieler wie z.B. Marcel Maltritz, Frank Fahrenhorst oder sogar ein reaktivierter Christian Wörns würden eine hundertprozentige Qualitätssteigerung für Madrids Abwehr bedeuten. Warum sich Madrids Sportdirektoren nicht längst um nicht besonders glanzvolle, aber dafür äußerst solide Abwehrspieler wie z.B. Per Mertesacker oder Arne Friedrich bemüht haben (um jetzt mal zwei Beispiele aus der Bundesliga zu nennen), zwei Spieler also, die seit Jahren national wie international ihr Können unter Beweis stellen und zusammen wohl nicht halb so viel kosten würden wie Klaas Jan Huntelaar vor ein paar Tagen, wird wohl auf ewig ihr Geheimnis bleiben.

Nachdem ich gestern Barcas 4:0 gegen Valencia und vorhin Reals 3:4 gegen Sevilla gesehen habe, sage ich für el classico nächsten Samstag einen 12:0-Sieg für Barcelona voraus. Es bleibt letztlich bei bloß 12 Toren für Barca, da Messi nur zwei seiner siebzehn Großchanchen nutzt und sich Henry (zu) gnädig zeigt, indem er bei jeder sich (nicht) bietenden Situation versucht Bojan und Hleb in Szene zu setzen, um sich für deren Torvorlagen aus dem Valencia-Spiel zu bedanken.

Ansonsten bleibt festzuhalten: Die Last-Minute-Siege Bayerns (gegen Hoffenheim) und ManUniteds (gegen Sunderland) hatten nichts mit Glück zu tun, sondern waren verdient und konnten eigentlich niemanden - auch in dieser Form - überraschen. Fußball ist so. Meistens. Und das ist gut so.

6 Kommentare:

  1. Schon lustig, wie sich Real unter Schuster "entwickelt" hat.
    Letzte Saison galt er ja noch als das große, in Deutschland verkannte Trainergenie, und man fragte sich, warum Bayern nicht ihn statt Klinsmann geholt hatte.
    Mittlerweile aber scheint sich immer mehr die Einschätzung von einigen Kommentatoren zu bestätigen, dass er im letzten Jahr noch im wesentlichen von Capellos Arbeit profitiert und diese ordentlich "verwaltet" hat.
    Oder verkennen wir alle nur gerade wieder Schusters Genius?

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  2. In Bezug auf Reals letzte Saison und deren Titelgewinn ist sicherlich darauf hinzuweisen, dass sich Barca seiner selbst ziemlich überdrüssig und die erfolgreiche Zeit mit dem Trainer Rijkaard und den Spielern Ronaldinho und Deco definitiv vorbei war. Nun haben sie eine neue Mannschaft beisammen, die eben nicht nur aus neu zusammengewürfelten Stars besteht. Stattdessen haben sie bewusst selbst ausgebildete Spieler wie Messi und Bojan Krkic in das bestehende Konstrukt mit Puyol, Xavi und Iniesta (auch alles sog. Eigengewächse) integriert. Und selbst der neue Trainer ist ein vereinsinterner Aufsteiger! Henry findet sich in seinem zweiten Jahr immer besser zurecht und der einzige "große" Neuzugang, Dani Alves (wohlgemerkt ein Verteidiger), trägt sofort zum Gelingen bei. Und das sind alles Elemente, die bei Real schlichtweg fehlen.

    Zu Schuster kann man eigentlich gar nicht viel sagen, außer dass er mitunter sehr merkwürdig wechselt und rotiert (van der Vaart zuletzt häufig nur Ersatz; gestern nach guter erster Halbzeit beim Stand von 1:3 gegen den Linksverteidiger Drenthe ausgetauscht) sowie offenbar nicht willens oder in der Lage ist, der Mannschaft eine gewisse Grundordnung auf dem Platz zu vermitteln. Diese Kritik muss er sich sicherlich gefallen lassen. Aber bei der Zusammenstellung des Kaders hatte er offenbar so gut wie nichts zu sagen, was in letzter Zeit immer deutlicher wird.

    In diesem Zusammenhang stellt sich sicherlich die Frage, inwieweit es überhaupt erstrebenswert ist Trainer bei Real Madrid zu werden, wenn man dort a) so gut wie keinen Gestaltungsspielraum hat und b) aus Sicht der Öffentlichkeit und der ca. 28 Vorstandsmitglieder des Klubs sowieso bloß als notwendiges Übel wahrgenommen wird. Denn welcher Trainer war bei Real Madrid schon jemals beliebt? Selbst der überaus erfolgreiche Del Bosque wurde irgendwann rausgeschmissen, da er irgendwie nicht glamourös genug war - trotz je zwei Meisterschaften und Champions League-Titel. Auch hier lohnt noch mal der vergleichende Blick nach Barcelona: Guardiola durfte gleich nach seiner Inthronisierung Sätze sagen wie (sinngemäß): "Spieler wie Ronaldinho, Deco und Eto'o haben beim FC Barcelona keine Zukunft mehr. Ich werde mit ihnen reden und ihnen einen Wechsel nahelegen." Bumm! Da ist gleich mal für alle klar, wer hier der neue Chef ist. Und die Taktik ging ja auch voll auf: Ronaldinho und Deco wurden für gutes Geld verkauft, Eto'o, der unter Rijkaard nicht mehr zu disziplinieren war, lenkte letztlich ein und trägt wieder maßgeblich zum Erfolg der Mannschaft bei.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Schusters Macht bei Real ist offenbar derart begrenzt, dass ich mich schwer tue mit einer Beurteilung seines Trainertalents. Vielleicht muss man ihm noch eine weitere Trainerstation zugestehen, um das abschließend bewerten zu können. Wenn es so weitergeht, ist er bestimmt bald wieder auf dem Markt.

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  3. Und schon erledigt: http://www.kicker.de/news/fussball/intligen/startseite/artikel/501502/

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  4. Nun ja, mit dem 12:0 ist es dann doch nichts geworden. Immerhin hat der neue Real-Trainer anscheinend Dein Blog gelesen und mit Metzelder einen großen (wenn auch nicht unbedingt großartigen) Verteidiger aufgestellt.

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  5. Ich habe das Spiel leider nicht gesehen. Ein 12:0 ist es nicht geworden, aber ein 2:0 inklusive eines vergebenen Strafstoßes entspricht ja in etwa dem Geist Barcas, den ich Anfang der Woche skizzierte.

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