Montag, 27. April 2009

Der Weg zur Schale

Am Tag der großen Trainerentlassung beschäftigt mich eine ganz andere Frage: Kann der BVB seine Siegesserie fortsetzen? Und wenn ja, wohin könnte das führen?

Zum Glück bietet ‘kicker online’ so einen lustigen Spieltagsrechner an, bei dem man sämtliche Bundesligaspiele tippen kann und dabei sofort angezeigt bekommt, welche Auswirkungen jedes einzelne Tor auf die Tabelle hat. Und genau das habe ich heute mal gemacht, ich habe also die restlichen fünf Spieltage der Saison 2008/09 komplett getippt, insgesamt 45 Spiele. Hier also nun meine Vorhersage:

Am 30. Spieltag spielt die Borussia in Frankfurt. Ich werde das Spiel mit Freunden (allesamt Eintracht-Fans) im Stadion verfolgen und hoffe daher noch stärker als sonst auf einen Sieg des BVB. Meine Hoffnungen werden (über-)erfüllt, Schwarzgelb landet einen Kantersieg. Schalke ist der Auswärtssieg in München nicht bekommen, sie kassieren eine Heimniederlage gegen Leverkusen. Die Bayern feiern unter ihrem neuen Trainer den erhofften Befreiungsschlag und Wolfsburg kann schon wieder nicht gewinnen.

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Die Schalker wurden also endlich überholt, weiter geht’s zu Spieltag Nr. 31. Dortmund feiert einen ungefährdeten Heimsieg gegen den KSC, der beweist, dass die Mannschaft des BVB gefestigt ist und sich von einem Abstiegskandidaten nicht die Chance auf die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb nehmen lässt. Bei den Bayern ist die Aufbruchstimmung dagegen gleich wieder dahin, da sich die “tollen Cottbuser” (O-Ton Uli Hoeneß) im Stadion der Freundschaft besonders kraftvoll gegen den drohenden Abstieg wehren. Stuttgart unterstreicht seine Ambitionen auf den Titel indem Tabellenführer Wolfsburg deutlich geschlagen wird und Werder Bremen gewinnt mal wieder gegen den HSV.

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Am 32. Spieltag fügt der BVB den Wolfsburgern ihre erste Heimniederlage der Saison zu und macht damit deutlich, dass man inzwischen zu den Spitzenteams der Liga gehört. Wolfsburg hat jetzt dreimal in Folge nicht gewonnen und Felix Magath betont, dass für seinen VfL die Meisterschaft sowieso nie das Ziel gewesen sei. Die Bayern gewinnen – wie immer eigentlich – ihr Heimspiel gegen Leverkusen und übernehmen damit die Tabellenführung. In München verdichten sich derweil die Gerüchte, dass Jupp Heynckes im Falle des Titelgewinns Trainer bleiben soll. Stuttgart erleidet auf Schalke einen herben Dämpfer und in Mönchengladbach verliert man sämtliche Hoffnungen auf den Klassenerhalt. Gegen die “tollen Cottbuser” ist einfach nichts zu machen.

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Der vorletzte Spieltag stellt die Reihenfolge an der Tabellenspitze nochmal auf den Kopf. Borussia Dortmund erzittert sich ein 1:0 gegen die vom Abstieg bedrohten Bielefelder, die in dem Spiel zwar alles probieren, aber außer der Latte des Dortmunder Tores nichts weiter treffen. Wolfsburg meldet sich durch einen spektakulären Erfolg im Niedersachsenderby wieder zurück – nachdem niemand mehr mit dem VfL gerechnet hatte, spielen Grafite, Dzeko und Misimovic plötzlich wieder ganz groß auf. In Stuttgart werden Erinnerungen an den Mai 2007 wach, man schlägt Cottbus zuhause erneut 2:1. Der HSV beweist gegen Köln, dass er die Saison noch nicht abgehakt hat und Werder Bremen produziert mal wieder eins dieser völlig absurden Ergebnisse, indem der hilflose KSC gnadenlos überrollt wird.

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Somit haben vor dem letzten Spieltag noch fünf Mannschaften die Chance Deutscher Meister zu werden: Wolfsburg, Dortmund und Stuttgart liegen punktgleich vorne, München und Hamburg folgen mit einem Punkt bzw. zwei Punkten Abstand. In Berlin sind nach dem 1:1 gegen Schalke am 33. Spieltag endgültig alle Titelträume geplatzt, da am letzten Spieltag die Bayern auf den VfB treffen.

Der 16. Mai 2009 wird in die Geschichte der Fußball-Bundesliga eingehen. Fünf Teams können noch den Titel gewinnen, das gab es noch nie! Die DFL stellt diese Konstellation vor logistische Probleme, schließlich muss in vier Stadien eine Meisterschale für den endgültigen Sieger bereitstehen. Gemeinsam mit dem DFB und den beteiligten Vereinen wird beschlossen, dass das Original in Wolfsburg bereitgehalten wird, schließlich hat der VfL als Tabellenführer die rechnerisch besten Chancen auf den Gewinn der Meisterschaft. In München steht das vereinseigene Duplikat der Bayern bereit, notfalls auch für den VfB. Die Hamburger würden im Falle des Titelgewinns zunächst das Duplikat des DFB überreicht bekommen. DFB-Präsident Zwanziger trägt vor dem Spiel die Schale persönlich in der Otto-Fleck-Schneise auf dem Weg ins Waldstadion spazieren. Die Dortmunder bringen ihre eigene Kopie mit nach Mönchengladbach, allerdings besteht Jürgen Klopp darauf, dass die Schale nicht zusammen mit der Mannschaft im Bus transportiert wird.

Der 34. Spieltag verläuft chaotisch. Wolfsburg verspielt eine frühe 2:0-Führung gegen die ihrerseits vogelwild agierenden Bremer. Mitte der zweiten Halbzeit steht es 4:2 für Werder, die VfL-Fans sind fassungslos. In Mönchengladbach steht es recht lange 2:2. Zwar konnte die frühe Führung der falschen Borussia postwendend ausgeglichen werden, aber ab der 65. Minute steht es eben 2:2 und in den letzten zehn Minuten gelingt beiden Mannschaften gar nichts mehr, die Schwarzgelben sind wie gelähmt. Alles spricht also für die Bayern, die seit der 55. Spielminute komfortabel mit 2:0 führen und somit einen Punkt mehr als die punktgleichen Dortmunder und Hamburger – die ihrerseits ein ungefährdetes 2:0 bei der Eintracht erzielen – auf dem Konto hätten. Allerdings gelingt dem VfB rund zehn Minuten vor Schluss der Anschlusstreffer, das Spiel scheint zu kippen. Tatsächlich fällt keine fünf Minuten später der Ausgleich. Gomez, immer wieder dieser Gomez! In diesem Moment liegt plötzlich der BVB ganz vorne, der seinerseits aber schon lange keinen vernünftigen Angriff mehr zustande bekommt. Die Bayern erwachen wieder aus ihrer Lethargie, drängen auf den erneuten Führungstreffer. Die Stuttgarter halten allerdings dagegen, denn sie wissen genau: Machen sie hier das dritte Tor, heißt der Deutsche Meister VfB Stuttgart! Das Spiel ist nun vollkommen offen, währenddessen in Wolfsburg noch einmal Hoffnung aufkeimt, da der VfL auf 3:4 herangekommen ist.

17:18 Uhr: Das Spiel in Frankfurt ist beendet, in Wolfsburg und Mönchengladbach läuft jeweils die Nachspielzeit. Die Hamburger Spieler rennen sofort an den Spielfeldrand und wollen von den Reportern wissen, wie es in den anderen Stadien steht. Als nächstes endet die Partie in Mönchengladbach. Endstand: 2:2. Die Dortmunder, die zuletzt neun Spiele in Folge gewinnen konnten, spielen heute nur Unentschieden. Damit liegt man zwar vor dem HSV, aber was machen Bayern und Stuttgart? Banges Warten.

In Wolfsburg ist um 17:21 Uhr auch endlich Schluss. Am Ende trennen sich die beiden offensivstärksten Mannschaften der Saison 3:4. Damit wäre Wolfsburg nur Fünfter. Selbst wenn es in München doch noch einen Sieger geben sollte, wäre für den VfL maximal Platz vier drin, die Meisterschaft ist passé. Zur gleichen Zeit hat in Mönchengladbach Klopp alle seine Spieler in der Mannschaftskabine versammelt, hektisch winkt er alle Akteure herbei. Man weiß, dass das Spiel in München noch läuft und man möchte auf keinen Fall so dumm dastehen wie die Schalker acht Jahre zuvor.

Die vierte Minute der Nachspielzeit hat in München gerade begonnen, als der Schiedsrichter endlich abpfeift. 2:2. Dortmund ist Meister!

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Während die Bayern-Spieler entweder noch auf den Schiedsrichter einreden, oder aber schon auf dem Weg in die Katakomben des Stadions sind, blicken die Stuttgarter sofort hoch zur Anzeigetafel oder rennen zu Auswechselbank. Sie kennen die anderen Spielstände nicht, sie hoffen, dass das Unentschieden vielleicht doch zum Gewinn der Meisterschaft gereicht haben könnte.

Auf den Bildschirmen der Fernsehreporter am Spielfeldrand sind aber zu diesem Zeitpunkt schon die feiernden BVB-Fans in Mönchengladbach zu sehen. Enttäuschung also auch bei den Kickern des VfB, als sie sehen, wie die Dortmunder Spieler völlig enthemmt zurück aufs Spielfeld rennen. Sekt- und Bierduschen wohin man schaut, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen. Der BVB hat es geschafft.

Donnerstag, 23. April 2009

Unten

Wer gedacht hatte, der gemeinsame Auftritt mit Bata Ilic in der Halbzeit des Bundesligaspiels Borussia Dortmund vs. Karlsruher SC vor gut einem Jahr sei bereits der peinliche Tiefpunkt im Leben des Eike Immel gewesen, liegt spätestens seit heute falsch. Laut Spiegel Online hat Immel im Jahr 2007 bei einem Dortmunder Drogendealer Kokain im Wert von insgesamt rund 10.000 Euro gekauft – angeblich für den Eigenkonsum. Da der mutmaßliche Dealer nun vor Gericht gestellt werden soll, droht Immel ein Auftritt als Mitangeklagter in diesem Verfahren.

Offensichtlich hat Immel sein Geld – bzw. das Geld, das er schon lange nicht mehr hat – nicht bloß für “Frauen und Autos” ausgegeben, wie er noch im letzten Jahr behauptete. Nun höre ich ihn bald schon sagen, er habe das weiße Pulver nur gegen die Schmerzen in seiner Hüfte genommen, so wie einst sein Freund und Mentor Christoph Daum. Jedenfalls hätte Immel von dem vielen Geld, das er für das Koks ausgegeben hat, genauso gut auch die angeblich so dringende und aus Geldmangel immer wieder verschobene Hüft-Operation bezahlen können.

Vergangenes Jahr rief ich Immel noch “Kopf hoch!” zu, heute sage ich: “Krieg’ endlich die Kurve, Eike, bevor es irgendwann zu spät ist!”

T-Frage

Tim Wiese ist zweifellos der große Held des gestrigen Pokalspiels zwischen dem HSV und Werder Bremen. Zwar war sein Gegenüber Frank Rost in den ersten 120 Minuten des Nordderbys wesentlich häufiger am Ball, was allerdings daran lag, dass das Bremer Angriffsspiel zu mehreren hochkarätigen Torchancen führte, die dann Rost wiederum vereiteln musste. Im anschließenden Elfmeterschießen schlug dann allerdings Wieses große Stunde als er die Schüsse von Boateng, Olic und Jansen bravourös abwehrte. Rost, der eigentlich als so genannter Elfmeterkiller bekannt ist, bekam dagegen keinen einzigen Schuss der Bremer zu fassen.

Werders Sportdirektor Klaus Allofs ließ sich dann nach diesem nervenaufreibenden Finish zu folgender Aussage hinreißen: "War eigentlich Jogi Löw im Stadion? Oder hat heute auch Hoffenheim gespielt?"

Danke Herr Allofs! Vielen Dank, für diesen etwas unbedachten Ausspruch, in dem doch so viel Wahrheit steckt!

Ich möchte an dieser Stelle gar nicht tiefer darauf eingehen, warum die schnelle Berufung einiger Hoffenheimer Spieler in die Nationalmannschaft aus meiner Sicht sehr, sehr unglücklich, wenn nicht sogar falsch war. Es soll hier vielmehr um Wiese gehen, der inzwischen seit zwei Jahren national wie international auf einem sehr hohen Leistungsniveau agiert - wie übrigens sein Hamburger Pendant Rost. Trotzdem wurden für die Nationalmannschaft in den letzten Monaten Torhüter bevorzugt, die mit nervösen Zappelleien ihre jeweiligen Abwehrreihen ziemlich verrückt machten und somit auch ihren Teil dazu beitrugen, dass ihre Klubs eben nicht im Europapokal spielen.

Direkt nach dem Ende der Bundesligasaison 2008/09 absolviert die Nationalmannschaft zwei Länderspiele in Asien. Am 29. Mai trifft die Löw-Elf auf China, vier Tage später auf die Vereinigten Arabischen Emirate. Nun werden bei diesen Spielen einige Akteure fehlen, die wohl sonst eingeladen worden wären. Michael Ballack tritt mit seinem FC Chelsea im Finale des FA-Cups an, die Leverkusener René Adler, Patrick Helmes und Stefan Kießling werden im Endspiel des DFB-Pokals gebraucht. Einige jüngere Spieler, u.a. der Schalker Torwart Manuel Neuer, sollen zudem bei der U21-EM für Deutschland antreten. Und seit gestern steht also fest, dass auch Wiese nicht nach Schanghai, sondern nach Berlin reisen wird.

Somit bleibt für den Platz im deutschen Tor lediglich Robert Enke übrig. Und was passiert, wenn Enke mit seinem Verein Hannover 96 Ende Mai in der Relegation antreten muss? Bei lediglich sechs Punkten Vorsprung, die Hannover auf Platz 16 hat, ist dieses Szenario durchaus denkbar. Dann müsste Löw wohl gleich zwei Torhüter nominieren, die entweder noch nie, oder aber schon lange nicht mehr im Gespräch für diesen Job waren.

Jens Lehmann bringt sich ja neuerdings wieder selbst in diese Diskussion ein. Aber auf zwei an sich bedeutungslose Länderspiele direkt nach dem Ende einer langen Bundesligasaison wird auch er wenig Lust haben. Ähnliches gilt wohl auch für den bereits erwähnten Rost, der eine Nominierung zwar aufgrund seiner herausragenden Leistungen verdient hätte, aber in Löws Planungen noch nie eine Rolle spielte. Dass sich das ausgerechnet jetzt ändern sollte, ist nicht zu erwarten.

Wer bleibt also übrig? Der seit Jahren als "künftige Nummer eins im deutschen Tor" gehandelte Michael Rensing wurde gerade erst bei Bayern München auf die Ersatzbank zurückgestuft. Damit dürfte er auch nicht in Frage kommen. Dann schon eher sein Münchner Rivale Hans-Jörg Butt, der immerhin schon bei der WM 2002 als dritter Torwart den Kader auffüllen durfte. Aber auch Butt wird nicht jünger - für ihn gilt praktisch das Gleiche wie für Lehmann und Rost.

Kürzen wir's ab: aus meiner Sicht kommt für die Asien-Reise der Nationalmannschaft eigentlich nur Roman Weidenfeller von Borussia Dortmund für den Platz hinter bzw. anstatt Enke in Frage. Weidenfeller blieb in dieser Saison weitgehend von Verletzungen verschont und konnte dadurch wieder das Niveau erreichen, auf dem er laut 'kicker' als mehrfach notenbester Torhüter der Bundesliga vor ein paar Jahren schon einmal war. Bislang neun Spiele ohne Gegentor untermauern diesen Eindruck.

Allerdings mag ich im Moment noch nicht so recht daran glauben, dass für Weidenfeller der Traum von einer Berufung in die A-Nationalmannschaft so schnell in Erfüllung gehen wird. Mir klingt immernoch Allofs' gestrige Bemerkung im Ohr und ich gehe fest davon aus, dass sich Löw zeitnah nach dem Gesundheitszustand von Timo Hildebrand erkundigen wird. Schließlich könnte dieser ja ein wenig Spielpraxis gebrauchen...

Mittwoch, 22. April 2009

A Living Act of Holiness

Hier also nun mit ein paar Tagen Verspätung meine gesammelten Eindrücke zum neuen Depeche-Mode-Album Sounds of the Universe.

In Chains: Weckte in mir spontan Erinnerungen an “Higher Love”: langes Intro, ähnliches Tempo, etc. Bietet sich ebenso gut als Konzert-Opener an wie seinerzeit das Finale vom Songs of Faith and Devotion. Die Kombination aus analogen Synthesizer-Klängen, die das gesamte Album kennzeichnen, und der schrammeligen Blues-Gitarre klingt zwar ungewöhnlich, gefällt mir aber sehr gut.

Hole To Feed: Das rhythmische Intro nervt mich etwas, irgendwie bewirkt es einen zu harten Umstieg vom Song zuvor. Beim ersten Hören dachte ich, Fletch würde die ersten Worte singen, aber dann wurde mir schnell klar, dass Dave mal wieder seine Elvis-Stimme ausgepackt hatte. Der Text lässt mich etwas unbefriedigt zurück, wobei die zentrale Aussage (“When you get what you need / There’s no way of knowing / What you’ll have / Is another hole to feed”) natürlich ziemlich smart daherkommt.

Wrong: Das aufregende Video zur ersten Single wurde hier ja bereits diskutiert, aber auch ohne visuelle Unterstützung kann sich der Song sehen und hören lassen. Der aggressive Gesang passt gut zum Text, der von einer gehörigen Portion (Selbst-)Ironie befeuert wird. Fletch hatte absolut Recht, als er meinte, “Wrong” sei ein dreiminütiges Gegengift zum in den Charts dominierenden Bubblegum-Pop. Dennoch ist “Wrong” gleichzeitig der Song auf dem Album, der am ehesten zur chartkompatiblen Single taugt – und dies mit dem Einstieg auf Platz zwei ja auch schon bewiesen hat. Dass Depeche Mode mal wieder so eine Mischung aus eingängigem Pop und gleichzeitiger Ablehnung jeglicher Mainstream-Mode gelungen ist, kann man gar nicht hoch genug bewerten. An diesem Lied stimmt einfach alles!

Fragile Tension: Flotter, klar strukturierter Popsong. Vielleicht das Lied des Albums, das gleich beim ersten Hören am ehesten nach Depeche Mode klingt. Das liegt womöglich daran, dass hier sämtliche Elemente, die einen klassischen DM-Song ausmachen, enthalten sind: unverwechselbare Synthie-Klänge, eine gelegentlich einsetzende E-Gitarre, die Kombination aus Daves erster und Martins zweiter Stimme, sowie einem Text, der das Mysterium zwischenmenschliche Beziehungen in gewohnt fatalistischer Manier betrachtet. Die Zeilen “There’s something mystical in our genes / So simplistic it kicks and screams” gefallen mir besonders gut, das Outro erinnert aber zu stark an “Lillian” bzw. den Sound des letzten Albums Playing the Angel.

Little Soul: Wohl am ehesten das, was manche Kritiker andernorts als Füllmaterial charakterisiert haben. Auch mein Finger nähert sich zu Beginn des fünften Tracks meistens der Skip-Taste. Aber vielleicht wurde der Song einfach unglücklich auf dem Album platziert, weiter hinten hätte er sich eventuell harmonischer eingefügt. Werde aber den Eindruck nicht los, dass “Little Soul” als B-Seite/Bonustrack irgendwie besser aufgehoben gewesen wäre. Ob Buddy Casino die Orgelmelodie einspielte, ist übrigens nicht bekannt.

In Sympathy: Wir nähern uns dem stimmungsvollen Höhepunkten des Albums, bestehend aus “In Sympathy”, “Peace” und “Come Back”. “In Sympathy” hat den stärksten Refrain von allen Liedern auf Sounds of the Universe, sowohl textlich als auch musikalisch gesehen. Es ist ja letztlich meistens das selbe Muster (Synthie-Beat, E-Gitarre, Daves Stimme im Vordergrund, Martin im Hintergrund), aber es wird zum Glück nie langweilig, da die Band allzu platte Wiederholungen vermeidet. Für Depeche-Mode-Verhältnisse geradezu ein Gute-Laune-Lied.

Peace: Für mich – zumindest momentan – das unterm Strich beste Lied des Albums. Während in den beiden Strophen Aufrichtigkeit und Läuterung vorgetäuscht wird, lächelt Dave dem Hörer während des Refrains und der Bridge postwendend fies ins Gesicht und verkündet: “Just look at me / I’m a living act of holiness / Giving all the positivity / That I possess / I'm going to light up the world.” Besser wurde Depeche Modes Standpunkt gegenüber Glauben und Spiritualität seit “Nothing” wohl nicht mehr auf den Punkt gebracht. Ich freue mich schon auf die Live-Umsetzung des Songs, besonders auf das zu erwartende Wechselspiel zwischen Band und Publikum.

Come Back: Nach “Hole To Feed” die zweite Gahan-Eigner-Philcott-Komposition des Albums. Die ersten Zeilen mögen vielleicht noch etwas abgedroschen erscheinen, aber im Verlauf des Songs fügen sich Text, Gesang und Musik zu einer wunderbaren Einheit zusammen, die – auch wenn es arg platt und schmalzig klingt – jede Menge Gefühl vermittelt. Leider wirkt die Album-Version total überladen; die bereits vor Wochen bekannt gewordene “Studio-Sessions”-Aufnahme gefällt mir um Längen besser. Sollte “Come Back” in der letztgenannten Version live gespielt werden, würde es zu den absoluten Highlights der Setlist gehören!

Spacewalker: Das übliche Instrumental, das Martin offenbar auf jedem Album unbedingt unterbringen muss. Ganz nett und zum Glück nach noch nicht einmal zwei Minuten schon wieder vorbei.

Perfect: Von der ersten Sekunde an eines meiner neuen Lieblingslieder. Sarkasmus, Fatalismus und romantische Träumerei vereinen sich hier zu einem – im wahrsten Sinne des Wortes – perfekten Popsong. Das Tempo ist schnell genug, um nicht alles bloß dahinplätschern zu lassen, und langsam genug, um nicht in Hektik zu verfallen. Grandiose Lyrics, die an einer Stelle (“I didn’t shoot / I didn’t pull the trigger / It wasn’t me / I’m just a plain and simple singer”) mit ironischen Understatement im übertragenden Sinne die “Vierte Wand” durchbrechen.

Miles Away / The Truth Is: Der dritte von Dave komponierte Song, das dritte Mal ein (zu) harter Schnitt von einem Lied zum nächsten. Das ist allerdings das einzige echte Manko an dieser fast blues-rockigen Nummer, in der mir Daves Gesang besonders gut gefällt. Ich bin im Interpretieren von Liedtexten zwar grauenhaft schlecht, aber mir drängt sich der Verdacht auf, dass es hier wieder mal um Daves Drogenerfahrungen geht. Okay, Martin hatte in den letzten drei Jahrzehnten im Wesentlichen zwar auch bloß drei Themen (Sex/Liebe, Religion/Glauben, Politik/soziale Verantwortung), von daher ist die ständige Wiederkehr der Thematik vollkommen legitim. Allerdings wirkt es zumindest auf mich nicht mehr zu hundert Prozent authentisch. Aber vielleicht täusche ich mich in meiner Interpretation auch total und der Fehler liegt bei mir, da ich nach wie vor vieles irrtümlich auf Daves Junkie-Vergangenheit beziehe.

Jezebel: Das einzige von Martin allein gesungene Stück auf Sounds of the Universe steht u.a. in der Tradition von “Blue Dress” und “Lillian”, auch wenn letztgenannter Song eine von Dave gesungene Up-Beat-Nummer ist und sich daher im Tempo stark von “Jezebel” unterscheidet. Martins Gesang ist wie immer perfekt und passt wunderbar zu dieser bittersüßen Ballade, die ich auch definitiv im Live-Set der Open-Air-Tour erwarte.

Corrupt: Ganz zum Schluss nimmt das Album nochmal etwas an Fahrt auf und was wäre ein anständiger Depeche-Mode-Longplayer auch ohne eine gescheite Nummer zu den Themen Sex und Macht?! Bei diesem Song sind Depeche Mode (mal) wieder ganz bei sich, bei diesem Themenkomplex macht ihnen wohl keiner was vor. Man kann förmlich hören, wie Dave beim Singen in eine Rolle schlüpft und durch diese Persona zu uns spricht – ganz große Alter-Ego-Schule! “Corrupt” als finales Stück auf dem Album zu platzieren, war eine sehr gute Entscheidung, es rundet das nach Ultra zweitlängste Depeche-Mode-Album wunderbar ab.

Sounds of the Universe ist insgesamt ein sehr dichtes und komplexes Werk, dass mir zunächst sehr sperrig und kantig vorkam. Allerdings wird schon beim ersten Hören deutlich, dass einem hier nie und nimmer langweilig wird. Mit der Zeit entpuppen sich dann – wie bei jedem guten Album – nach und nach immer mehr Songs als wahre Perlen, die sich wie verschiedene Puzzleteile Stück für Stück zu einem kohärenten Gesamtbild zusammenfügen. (Okay, das klingt jetzt ziemlich abgedroschen. Aus meiner Sicht ist es aber trotzdem richtig.)

Der Titel Sounds of the Universe scheint gleich auf mehreren Ebenen sehr passend für das Album und die Band zu sein. Da wäre zum einen die selbstironische Distanz zum eigenen Werk à la Music for the Masses im Titel selbst, zum anderen spiegelt sich dieser science-fiction-artige Touch im tatsächlichen Sound der 13 Tracks wider. Manchmal klingt das alles vielleicht zu sehr nach Kraftwerk, was an Martins neu entflammter Obsession für analoge Synthesizer liegen könnte. Unterm Strich kommt aber ein unverwechselbarer Klang zustande, der einen angenehmen Wiedererkennungseffekt auslöst, ohne dabei alt oder abgedroschen zu wirken.

Zu behaupten, Depeche Mode hätten sich mit Sounds of the Universe “neu erfunden”, wäre allerdings total daneben. Vielmehr wurde auf diesem Album wieder genau das verwirklicht, was seit bald 30 Jahren immer eine Maxime der Band war, nämlich sich mit einem neuen Album vom jeweiligen Vorgänger hörbar zu unterscheiden, ohne dabei die eigenen Stärken aus den Augen zu verlieren. Dass Dave auch als Songwriter zu dieser Entwicklung aktiv und maßgeblich beiträgt, darf inzwischen schon als selbstverständlich bezeichnet werden. Wer hätte das vor zehn Jahren für möglich gehalten?

Sounds of the Universe macht mich wieder einmal zu einem sehr, sehr glücklichen Depeche-Mode-Fan. Ultra wird vermutlich für immer mein absolutes Lieblingsalbum bleiben, aber die neuen Lieder steigern meine Vorfreude auf die anstehende Tour of the Universe ins Unermessliche!

Mittwoch, 15. April 2009

Kleine SOTU-Presseschau

Das offizielle Veröffentlichungsdatum von Sounds of the Universe rückt näher, Zeit für eine kleine Presseschau.
  • Spiegel Online gibt dem Album sechs von möglichen zehn Punkten und empfiehlt der Band sich endlich einbürgern zu lassen - was immer das auch heißen mag. Da ich an dieser Stelle demnächst mit meiner eigenen, ausführlichen Album-Kritik aufwarte, möchte ich hier nur eins einwerfen: Es ist leicht, sich über die deutschen DM-Hardcore-Fans lustig zu machen. Ich finde die meisten davon ebenfalls unerträglich. Nur was haben die mit dem Album zu tun?
  • Der Kurier kommt zu einem merkwürdigen Fazit: "Für Fans ein Muss, Gelegenheitshörer sollten bei Ultra und Songs Of Faith And Devotion bleiben." Hm, man kann ja über Sounds of the Universe denken was man will, aber "Gelegenheitshörer" würde ich sicherlich nicht auf die beiden letztgenannten Alben loslassen. "Gelegenheitshörer" sind wohl eher die Zielgruppe, für die man Singles-Compilations und Best-Of-Alben macht.
  • Absolut devote Begeisterung ist dagegen bei De:Bug angesagt: "Die Band hat ihren ganz eigenen Sound gefunden, vielleicht zum ersten Mal überhaupt in ihrer Geschichte." Nun ja, auch das würde ich so nicht unterschreiben.
  • Hanzpeter Künzler schreibt in der NZZ einen ganz netten Artikel, der allerdings auch nicht ohne die üblichen Verweise auf Drogen-Exzesse und Daves "neue" Ambitionen als Songwriter auskommt. Leute, die Heroin-Nummer ist 13 Jahre her und von Dave geschriebene Depeche-Mode-Songs gibt es auch schon seit 2005!
  • Der Regisseur des "Wrong"-Videos, Patrick Daughter, hat Pitchfork ein interessantes Interview gegeben, in dem er u.a. verrät, dass Spike Jonze für den Clip als Stuntman fungiert hat.
  • "Wrong" ist übrigens auf Platz zwei der deutschen Single-Charts eingestiegen. Auf Platz eins befindet sich nach wie vor eine gewisse Lady Gaga. Wieder was gelernt.
Am Freitag wird's hier im Wortstudio dann eine detaillierte Album-Kritik von mir geben.

Sonntag, 12. April 2009

Spiel, Satz und Sieg

Man stelle sich eine Mischung aus Roland Kaiser, Rex Gildo und David Hasselhoff vor, unterlegt von einem zweitklassigem Housebeat, garniert mit einem debilen Dauergrinsen! Besser nicht, werden jetzt die meisten (hoffentlich!) denken. Nun ja, man muss sich dieses Monster auch gar nicht selbst ausdenken – es existiert bereits! Und zwar auf YouTube (wo sonst?), schon seit zweieinhalb Jahren, und trägt den Namen Alexander Marcus.

Zugegeben, ich bin nicht der Erste, der auf dieses Trash-Phänomen gestoßen ist: Spiegel Online, Polylux und viele andere haben bereits über Marcus a.k.a. Felix Rennefeld berichtet. Inzwischen gibt es sogar ein richtiges Album von ihm, welches den neuen Musikstil “Electrolore” zum Titel hat und immerhin eine Woche lang auf Platz 90 der deutschen Album-Charts gelistet wurde.

Ich habe diese rosafarbene Tanzwurst neulich nachts in Kurt Krömers “Internationaler Show” gesehen und war sogleich auf merkwürdige Art und Weise davon fasziniert. Dies setzte sich dann noch fort, als ich sah, dass Marcus bei einem Auftritt im MDR vollständig in character blieb und die Nummer mit seinem besten Freund Globi, dem Globus, dem Aufwachsen bei der Oma in den Bergen und der Vergangenheit als Tennislehrer in Florida gnadenlos durchzog. Moderatorin, Redaktion und Zuschauer haben dabei offensichtlich nichts kapiert (oder kapieren wollen) und das merkwürdige Spiel bis zum bitteren Ende, d.h. der Einübung marcus-typischer Tanzschritte in Klamotten aus dem Radio-DDR-Fundus, mitgespielt.

Was bleibt, ist ein weiteres Internet-Trash-Phänomen, welches auf unterhaltsame Art und Weise die Mechanismen des deutschen Musik- und Showgeschäfts offenbart, ohne dem Publikum dabei gleich mit dem großen “Achtung, Satire!”-Schild den Kopf einzuschlagen.

Samstag, 11. April 2009

Neues Outfit – Teil 2

Der Frühling ist vorbei, der Sommer ist da! Höchste Zeit also für eine neue Verkleidung für das Wortstudio! ;-) Spaß beiseite, das jetzige Layout sollte eigentlich schon vor einer Woche eingeführt werden, allerdings hakte es zu dem Zeitpunkt noch an der einen oder anderen technischen Schwierigkeit. Diese sind aber nun allesamt beseitigt und somit konnte das Provisorium wieder verschwinden.

Bei dem neuen Design handelt es sich um die Vorlage ‘Green Marinee’ von Ian Main, welches von Blogcrowds an die technischen Standards von Blogger (der freundliche Google-Service, der das Wortstudio möglich macht) angepasst wurde. Ehre, wem Ehre gebührt! Mir gefällt es, da es frisch, klar, sauber und einfach gehalten ist. Außerdem ist die Farbgebung absolut auf der Höhe der Zeit, wie man am neuen Dreamteam der Formel 1, Brawn GP, sehen kann.

Die Kommentar-Funktion wurde wieder eingebettet, d.h. man kann seine Meinung wieder direkt unterhalb eines Posts hinterlassen, ohne dabei den Umweg über nervige Pop-Up-Fenster gehen zu müssen. Die Such-Funktion ist bis auf weiteres verschwunden. Ich denke, sie wird niemand wirklich vermissen. Falls doch, lasst es mich wissen, dann denke ich mir vielleicht eine neue, praktische Lösung aus.

So, und jetzt wünsche ich Euch schon wieder viel Spaß mit Lennarts Wortstudio! In Zukunft wird es auch wieder regelmäßiger und vor allem häufiger etwas neues zu lesen geben, versprochen!

Donnerstag, 2. April 2009

Neues Outfit

Der Frühling ist endlich da - und er hat ein neues Outfit für das Wortstudio mitgebracht! Das alte Design ähnelte dem Winter irgendwann viel zu sehr: viel grau und langsam nervtötend. Deshalb bin ich froh, dass ich nun etwas neues, frischeres gefunden habe. Ziel war es nicht nur einen helleren Gesamteindruck zu erreichen, sondern auch den Platz im Browserfenster etwas effizienter auszunutzen. So ist jetzt auch das Textfeld linksbündig angeordnet und insgesamt breiter. Dies hat den angenehmen Nebeneffekt, dass eingebundene Bilder und Videos künftig größer dargestellt werden können.

An der Funktionalität des Blogs hat sich im Prinzip nichts geändert. Die Suchleiste ist nun etwas prominenter platziert, ebenso der Feed-Abo-Button oben rechts. Die Kommentar-Funktion ist bis auf weiteres wieder über ein Pop-Up-Fenster realisiert - an der Umsetzung über ein Texteingabefeld unterhalb des Blog-Artikels arbeite ich noch.

Aber bis es soweit ist, wünsche ich Euch allen schon mal viel Spaß mit dem frisch gestylten Wortstudio!

Mittwoch, 1. April 2009

Von Videos, Remixen und Echtheitszertifikaten

Wer braucht da noch die Deluxe-Edition des kommenden Depeche-Mode-Albums Sounds of the Universe? Denn mittlerweile sind zwei weitere Videoclips der sogenannten Studio-Sessions im Netz aufgetaucht, die eigentlich “exklusiv” Bestandteil der teuersten Album-Variante (bei amazon.de wird sie für knapp 65 Euro zu haben sein) sein sollten.




Na gut, die 14 Demoaufnahmen, darunter von Klassikern wie “Clean”, “Walking in My Shoes” und “I Feel You”, stellen sicherlich einen großen Reiz für manche Fans dar. Aber die verschiedenen Videoclips und Kurzfilme werden bestimmt so oder so den Weg ins Netz finden (womöglich sogar von offizieller Seite), da bin ich mir nach den jüngsten Erscheinungen recht sicher. Zumindest sind bereits jetzt drei der “exklusiven” Videoclips im Netz zu bestaunen: das offizielle Promo-Video von “Wrong” sowie die Studio-Sessions von “Come Back” und “Corrupt”. Dazu kommt nun auch die Aufnahme der Studio-Session von “Wrong”, die anscheinend gar nicht auf der besagten Bonus-DVD enthalten sein wird.

Dafür taucht dort das Lied “Stories of Old” auf, ein Song der bereits 1984 auf dem Album Some Great Reward enthalten war. Martin Gore ist ja bekannt dafür, dass er im Laufe der Jahre manche seiner älteren Kompositionen wiederentdeckt und sie in die Setlist der jeweiligen Tour einbaut. Auf der Exciter-Tour waren dies u.a. “It Doesn’t Matter Two” und “Black Celebration” vom gleichnamigen Album. Können wir uns also bei den Konzerten der Tour of the Universe auf ein neues Arrangement von “Stories of Old” freuen? Ich fänd’s gut! Ebenso kann ich mir den neuen Song “Come Back” live sehr gut im Stil der Studio-Session vorstellen – und weniger in der Art, wie er auf dem Album erschienen ist erscheinen wird.

Unübersichtliche Editionen – überflüssige Remixe

Zurück zu den Extras der Deluxe-Edition. Neben den ganzen Videos bleiben noch die fünf Bonus-Tracks, die es nicht auf das “eigentliche” Album (ist so eine Unterscheidung überhaupt noch sinnvoll?) geschafft haben. Einer dieser fünf Songs, “Oh Well”, wird aber als B-Seite (noch so ein unzeitgemäßer Begriff) auf der ersten Single “Wrong” enthalten sein, allerdings in Form eines Remixes. Die “normale” Version erscheint lediglich auf der 7”-Vinyl – da macht die Bezeichnung B-Seite plötzlich wieder Sinn. Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, dass die restlichen Bonus-Tracks ebenfalls als B-Seiten für die anderen Singles verwurstet werden. Irgendwie.

Was fehlt noch? Ach ja, die Remixe. Nun gut, als ausgesprochener Freund gut gemachter Neuabmischungen zumindest für mich ein schlagendes Kaufargument. Eigentlich. Denn in den letzten Jahren kamen bei Depeche Mode auf einen akzeptablen Remix mindestens sechs absolut unerträgliche. Meistens wurden lediglich verschieden lange Disko-Stampf-Versionen angeboten. Fällt also auch weg als Grund sich die Deluxe-Version ungehört und ungesehen direkt am 17. April zuzulegen.

Was mich persönlich am allerwenigsten reizt sind die in den letzten Jahren in Mode gekommenen 5.1-Surround-Abmischungen. Sowas halte ich bei Popmusik für vollkommen überflüssig. Mag sein, dass Surround-Sound beim Hören im Heimkino das Erlebnis um eine weitere Nuance bereichert. Aber mal ganz im Ernst: wer tut sowas? Ich höre meine Musik vornehmlich unterwegs, d.h. mit dem iPod per Kopfhörer oder im Auto. Zuhause steht bei mir eine HiFi-Anlage, die zwar auch Surround kann, aber von mir aus Überzeugung und Platzgründen nur im Stereo-Modus betrieben wird.

Echtheitszertifikat der Fälscher-Mafia

Bleiben am Ende noch die Bestandteile der Deluxe-Box, die man nicht einfach so von irgendwo herunterladen kann: die Booklets, Aufkleber, Poster, Postkarten und das Echtheitszertifikat.

Moment mal, was war das? Ein Echtheitszertifikat?! Etwa eins, das Prof. Dr. Fritz Knobel ausgestellt hat? Naja, das wäre ja nun nicht gerade besonders vertrauenserweckend. Aber mal im Ernst: was soll man denn bitteschön mit einem Echtheitszertifikat anfangen? Wenn ich mir diese Box schon zugelegt habe, weiß ich doch, dass das Ding “echt” ist. Und von einer international operierenden Depeche-Mode-Deluxe-Box-Fälscher-Mafia habe ich zumindest noch nie etwas gehört. D.h. die Gefahr hierbei 65 Euro für eine Fälschung auszugeben, halte ich für verschwinden gering.

Fazit: Egal, ob man nun diese Super-Mega-Deluxe-Box attraktiv findet oder nicht, eines ist sie jedenfalls ganz sicher: “Teuer, Hermann!”